100 Jahre Novemberrevolution in Stuttgart!

Veröffentlicht am: 11. November 2018
Dieser Beitrag wurde in unserer Kategorie "Linke Sehenswürdigkeiten" und "Stuttgart" veröffentlicht

Allgemein:

Vom 5. bis 11. November veröffentlichten wir täglich um 19:18 Uhr auf unserer Facebook-Seite einen Beitrag zur Novemberrevolution aus Stuttgart. Hier haben wir alle Beiträge nochmals zusammengefasst:

TAG 1/7:

Am 05. November 1918 erscheint in Stuttgart „Die Rote Fahne“.
Sie ist das „Mitteilungsblatt des Stuttgarter Arbeiter- und Soldatenrates“.
In der ersten Ausgabe werden folgende Forderungen der Räte veröffentlicht:

1. Sofortiger Waffenstillstand und Abschluß des Friedens durch den Arbeiter- und Soldatenrat.
2. Abdankung aller Dynastien, einschließlich Wilhelm II. von Württemberg.
3. Auflösung des Landtags und des Reichstags. Die Regierung übernehmen sofort zu wählende Delegierte der Arbeiter, Soldaten, Kleinbauern und der Landarbeiter.
4. Sofortige und vollständige Aufhebung des Belagerungszustandes. Aufhebung jeder Zensur, volle Preßfreiheit; Aufhebung des Hilfsdienstgesetzes.
5. Sofortige Freilassung aller politisch Inhaftierten und aller Militärgefangener ohne Ausnahme in Württemberg und im Reich.
6. Banken und Industrien sind zugunsten des Proletariats zu enteignen.
7. Annullierung der Kriegsanleihen von 1000 Mark aufwärts.
8. 7stündige Arbeitszeit; Festsetzung von Mindestlöhnen durch die Arbeiterausschüsse. Gleiche Löhne für männliche und weibliche Arbeiter.
9. Streiktage sind voll zu bezahlen.
10. Durchgreifende Umgestaltung des Heerwesens, nämlich
a) Verleihung des Vereins und Versammlungsrechts an die Soldaten in dienstlichen und außerdienstlichen Angelegenheiten;
b) Aufhebung des Disziplinarstrafrechts der Vorgesetzten; die Disziplin wird durch Soldatendelegierte aufrechterhalten;
c) Abschaffung der Kriegsgerichte;
d) Entfernung von Vorgesetzten auf Mehrheitsbeschluß der ihnen Untergebenen hin;
11. Abschaffung der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe für politische und militärische Vergehen.
12. Übergabe der Lebensmittelverteilung an Vertrauensleute der Arbeiter.“

TAG 2/7:

Herbst 1918: Das Desaster des imperialistischen Weltkriegs zeichnet sich immer mehr ab. Millionen Soldaten sterben sinnlos an der Front. Das der Krieg nicht mehr gewonnen werden kann ist allen klar. Als dann noch Ende Oktober eine Flotte von Kiel aus zur „Entscheidungsschlacht“ auslaufen soll kommt es zu Meutereien und zu dem bekannten „Kieler Matrosenaufstand“. Überall im Reich kommt es zu Massendemonstrationen.

Stuttgart ist zu dieser Zeit tief „Rot“ trotz Monarchie. Ein Beispiel hierfür ist der in der Liederhalle stattfindende „Internationale Sozialistenkongress“ 1907.

In Stuttgart bilden sich Arbeiterräte in den großen Betrieben wie Daimler und Bosch. Soldatenräte in den Kasernen und auf dem Land werden Bauernräte gegründet. Die Räte werden immer stärker. Im Anhang findet ihr einen Aufruf zur Gründung solcher Räte aus damaliger Zeit und deren Aufbau.

TAG 3/7:

Clara Zetkin, eine Größe der Novemberrevolution und der KPD, lebte von 1891 bis 1925 in Stuttgart. Im sächsischen Wiederau geboren und unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, hatte sie ab 1874 Kontakt zur Arbeiterbewegung.
Sie stellte sich gegen die imperialistische Kriegspolitik der SPD zu beginn des ersten Weltkriegs und schloss sich der USPD an. Während der Novemberrevolution war sie im Spartakusbund aktiv und spielte zusammen mit Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg eine bdeutende Rolle im Geschehen von 1918-1919. Außerdem leistet sie einen großen Beitrag für die Frauenbewegung und die sozialistische Erziehung.

In Stuttgart wohnte sie zunächst in der Rotebühlstraße, danach zog sie in die Blumenstraße und letztendlich wohnte sie ab 1904 in einem eigenen Haus in Sillenbuch. Heute ist dort das Waldheim Sillenbuch das den Namen „Clara Zetkin Haus“ trägt. Dort macht auch immer mal wieder gerne die DKP Stuttgart eine Veranstaltung.

Auf den Bildern seht ihr heute Clara Zetkin (links) und das „Clara Zetkin Haus“ (rechts).

TAG 4/7:

Angesichts des langandauernden Kriegs, des damit verbundenen Hungers und Elends der Bevölkerung setzte sich im gesamten Deutschland ein revolutionärer Elan frei, was zur Novemberrevolution 1918/1919 führte.
Der Elan, der natürlich auch auf Stuttgart überging, zeigte sich in Massenversammlungen und dem Versuch soziale und politische Verbesserungen zu erkämpfen bzw. vor Angriffen seitens der SPD, die damit offensichtlich die Seite der Barrikade gewechselt hatten, zu verteidigen. In Stuttgart kam es zu Massendemonstrationen, Auseinandersetzungen zwischen Polizei und DemonstrantInnen und schließlich zu einem Aufstandsversuch Anfang 1919, der die korrumpierte Regierung der SPD stürzen sollte.

Tausende von Menschen folgten den zahlreichen Aufrufen sich am Ostendplatz zu treffen und gemeinsam in die Stadt zu ziehen, um sich dort mit anderen Demonstrationszügen zu treffen.

Im Auftrag der herrschenden SPD schlug die Polizei die Versammlungen blutig nieder und einige Menschen starben. Im Januar 1919 starb während den Auseinandersetzungen bei einem Aufstandsversuch der 17-jährige Kommunist Karl Fetzer. Er wurde bei einer großen Beerdigung auf dem Bergfriedhof beigesetzt.

In den nächsten Jahren verbreitete sich das Elend und die Not der Bevölkerung enorm: Arbeitslose mussten durch die Straßen wandern und um Brot oder Geld betteln und Hunger war an der Tagesordnung der meisten Arbeiterfamilien. Dies führte zu zahlreichen Auseinandersetzungen, die oftmals mit harter Repression begenet wurden. So kam es 1923 zu großangelegte Razzien v.a. gegen Mitglieder der KPD.

Der Stuttgarter Osten blieb dabei immer ein Treffpunkt für verschiedene Widerstandsgruppen Bald gab es eine Sektion des Rot Front Kämpferbundes und es gründeten sich die Schwarzen Rebellen, die militant gegen faschistische Kräfte vorgingen und den Selbstschutz der arbeitenden Klasse organisierten.

Ein wichtiger Treffpunkt des Widerstands im Osten war das Gasthaus „Volksgarten“ direkt am Ostendplatz. Der Volksgarten diente sowohl als sozialer, als auch als politischer Treffpunkt. So trafen dort sich viele Arbeiter und Arbeiterinnen, um zu diskutieren, aber oft wurde der Volksgarten selbst zum Schauplatz von Auseinandersetzungen.

Dieser Beitrag stammt von unseren Genossinen und Genossen von „Zusammen Kämpfen Stuttgart“: http://zkstuttgart.blogsport.de/…/stuttgart-ost-ein-vierte…/

Auf dem Bild könnt ihr Stuttgart Ostheim erkennen. Dies war ein Wohnungsbauprojekt und eine Arbeitersiedlung im Stuttgarter Osten.

TAG 5/7:

Am 09. November 1918 kommt es in Stuttgart zu einer Kundgebung auf dem Schlossplatz mit anschließender Demonstration .Als diese am Wilhelmspalais am Charlottenplatz (Wohnsitz des damaligen württembergischen Königs) vorbeigehen löst sich eine kleine Gruppe aus der Demo welche von einem „demokratischem“ Beobachter als „„junges, unreifes Volk, Burschen und vor allem auch Mädchen von 15 und 16 Jahren“ beschreiben wird.

 

Diese konnten den Zaun des Wilhelmspalais überklettern und die Wachen (da es keine Gegenwehr gab) schnell entwaffnen. Die Wachen des benachbarten Waisenhauses griffen auch nicht ein.
So können diese in das Wilhelmspalais eindringen und die Rote Fahne auf dem Dach hissen. Der König muss daraufhin abdanken.

Erklärung zu den Bildern:
1. Bild (oben links): Demonstration in der Eberhardstraße. (Fun Fact: In der Straße (Hausnummer 53) befindet sich übrigens auch Hegels Geburtshaus)
2. Bild (oben rechts): Sturm auf das Wilhelmspalais (Zeichnung)
3. Bild (unten rechts): Versammlung vor dem Rathaus
4. Bild (unten links): Sturm auf das Wilhelmspalais (Zeichnung)

TAG 6/7:

Vom 4. – 12. Januar 1919 kommt es zu einem Putschversuch der Spartakisten. In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 1919 bezieht die Armee den Gefechtsstand im Bahnhofsturm. Von dort aus können sie mit Maschinengewehren die ganze Königstraße bis zum Wilhelmsbau unter Beschuss nehmen. Es gibt Tote und Verletzte.

3. April 1919: Während des Generalstreiks lagen zwischen Gaisburg und Wangen ca. 400 Spartakisten, die sich dort mit Maschinengewehren verschanzt haben. Die Regierung setzte Geschütze gegen die Aufständischen ein, ließ den „Hirsch“ in Untertürkheim („von 120 Bewaffneten gesäubert“), das besetzte Artillerie-Wagenhaus sowie das Waldheim Wangen stürmen. Dabei wurden mindestens 14 Aufständische getötet sowie 41 Personen verletzt.

Auf dem Bild könnt ihr den Bahnhofsturm von damals (um 1920) sehen.

TAG 7/7:

Am 31. März 1919 beginnt ein Generalstreik in Stuttgart. Diesem Streik schließen sich Arbeiter in Esslingen, Feuerbach, Friedrichshafen, Gmünd, Göppingen, Kirchheim, Ludwigsburg, Nürtingen, Ravensburg, Sindelfingen, Vaihingen, Waiblingen und Zuffenhausen an. Die Arbeiter versammeln sich (trotz Demonstrationsverbot) in Stuttgart. Der Generalstreik endet am 10. April.

Auf wessen Seite die SPD im Generalstreik stand, könnt ihr auf dem angehängten Beitrag (Bild) sehen. Dieser Beitrag stammt aus der Oberschwäbischen Volkszeitung vom 2. April 1919.

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