Die Rote EP
Ein guter Freund und Mitstreiter von uns hat vor kurzem seine erste EP veröffentlicht. In „Die Rote EP“ geht es um alltägliche Probleme wie die Zustände in der Pflege und die Aushöhlung des 8 stunden Tages, aber auch um Klassenkampf und Perspektiven fernab des Kapitalismus. In einem Track wird sogar der Vietnamkrieg und die bis heute spürbaren Auswirkungen dessen behandelt. Netterweise hat Milo M sich zu einem Exklusiv-Interview mit unserer Ulmer Ortsgruppe bereit erklärt.
Was hat dich zur Musik gebracht?
Ich bin sehr früh mit Rapmusik in Kontakt gekommen, weil ich aus eher ärmeren Verhältnissen komme und damals die Rapmusik das Sprachrohr unserer Lebensweise war. Sie war wichtig für uns, weil sie uns selbstbewusst gemacht hat und uns gezeigt hat, dass es Leute gibt, welche sich für unsere Probleme interessieren. Ob Drogen, Gewalt, Kriminalität, eben Dinge, die einem in seinem Leben präsent waren, das hat mir einfach viel gegeben. Außerdem hat es zu einer gewissen Form von Klassenbewusstsein geführt, man hat sich damit auseinandergesetzt, warum man eigentlich in dieser Situation ist. Und genau diese Art von Musik wollte ich dann auch machen.
Warum politisch anstatt Feel good bzw Gangsta Rap?
Die aktuelle EP steht natürlich unter einem politischen Thema, allerdings habe ich auch andere Musik gemacht. Einige Representer welche man schon als Gangster Rap bezeichnen könnte oder z. B. Musik die Depressionen oder einfach Probleme des Lebens behandelt und aufarbeitet. Für mich muss Rap in erster Linie eine Form von Kultur bzw. Kunst sein. Feel Good content wie ihn die Playlists gerade dominieren habe ich immer als sehr nutzlos und wenig künstlerisch empfunden. Ich bin Marxist-Leninist und meine Kunst spiegelt natürlich auch meinen Charakter wieder, dementsprechend war es völlig natürlich für mich eine EP zu machen die politisch und vor allem Rot ist.
Was willst du mit deiner Musik erreichen?
Ich sehe mich als Teil der proletarischen Klasse und wollte dementsprechend auch proletarische Kunst produzieren. Meine Musik ist kostenlos, nur die CD’s werden zu ihren Produktionskosten verkauft. Alles weitere geht über freiwillige Spenden, quasi jeder nach seinen Bedürfnissen und seinen Möglichkeiten. Ich will Kunst von einem Arbeiter für die Arbeitenden machen und versuche sowohl Unterhaltung als auch Empathie und etwas Theorie in meine Musik zu bringen.
Warum ein Lied über den Vietnamkrieg?
Das ist eine gute Geschichte. Ein Genosse der Partei der Arbeit (PdA) in Zürich hat mir erzählt, dass es eine Benefizveranstaltung für die Agent Orange Opfer in der Schweiz geben wird, er kannte meine Musik und hat mich gefragt, ob ich dort nicht auftreten will. Ich war natürlich sofort dabei, musste mich aber erstmal mit der Thematik richtig auseinandersetzen. Nachdem ich mich wochenlang mit den historischen Fakten rund um den Vietnamkrieg und die Kriegsverbrechen der USA auseinandergesetzt hatte, bin ich auf die Geschichte von Tran To Nga gestoßen, die über Gerichtsprozesse versucht Gerechtigkeit für die Opfer dieses Gifts zu erkämpfen. Leider ist das noch nicht von Erfolg gekrönt worden, weil Kapitalisten wie Bayer natürlich sehr viel mehr und vor allem korruptere Mittel zur Verfügung haben als eine einzelne Frau, die gerade gegen den Krebs kämpft. Das alles wollte ich für die Benefizveranstaltung dann in einen Track verpacken. So entstand Doc Lap Hoa Bin. Wir haben auf der Bühne performt und mit den Spenden, die mit den CD’s zusammengekommen sind ein Projekt in Vietnam mitfinanziert, das Wohnraum für Agent Orange Opfer und Opfer von Naturkatastrophen errichtet. Darauf bin ich unglaublich stolz.
Was für eine Rolle spielt, Rapmusik für junge Arbeiter in Deutschland?
Rap ist mehr als Musik, die Unterhaltungszwecken dient, er behandelt Themen wie Armut, Diskriminierung, psychische Probleme, Antifaschismus, alles Mögliche. Wenn ein Thema aktuell ist und für die Arbeiterklasse Relevanz hat, dann wird der Hip-Hop darauf reagieren, weil er aus eben jener Klasse entstanden ist und daraus seinen Input bekommt. Er hat die Möglichkeit zu mobilisieren, zu organisieren und zu bilden, wenn die richtige Intention dahinter steckt. Klar, seit einigen Jahren ist die Kunstform Rap teilweise missbraucht worden und die meisten der bekannteren Lieder, die auch auf Spotify etc. Relevanz haben, haben damit nichts mehr zu tun.