Am 11.06.2016 war die Albkaserne in Stetten am Kalten Markt für Besucher geöffnet. Den Tag der Bundeswehr gab es an 16 Orten in ganz Deutschland, die Kosten belaufen sich auf mehrere Millionen Euro. Wir waren zu siebt vor Ort und besuchten die Kaserne zunächst wie normale Gäste. Zu sehen gab es haufenweise militärisches Gerät, von gepanzerten Jeeps über Flugzeuge und Ausrüstung der Feldjäger bis hin zu einem echten Leopard 2. An einem Stand lagen sogar echte Schusswaffen zum Anfassen und Begutachten aus. Als eine Genossin ein G28 hielt und durch das Zielfernrohr in Richtung einer weiteren Genossin schaute, meinte der anwesende Soldat, dass man mit den ausgestellten Waffen nicht auf Menschen zielen soll. Auf die Frage der waffenführenden Genossin ob die Waffen nicht dazu gebaut wurden, um auf Menschen zu schießen antwortete dieser, dass die Waffen lediglich zur Sicherung des eigenen Zuges dienten. Das Technische Hilfswerk und Deutsche Rote Kreuz hatten einen eigenen Bereich, an dem sie sich selbst und die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr präsentierten. Weitere Stände boten die Möglichkeit zum Schießen mit einem elektronischen Luftgewehr und zum Carsharing für Zivilpersonen mit PKWs der Bundeswehr. Programmhöhepunkt war die Liveübertragung der Rede der aktuellen Kriegsministerin Ursula von der Leyen. Die frühere Familienministerin lobte die Polizei und alle weiteren Behörden und Institutionen, die diesen Tag möglich gemacht haben. Die Bundeswehr sei vielfältig und arbeite eng mit vielen anderen Partnern zusammen. Auch leiste sie gute Arbeit bei der Seenotrettung und der sogenannten Flüchtlingskrise.
Wir selbst hatten uns noch in Tübingen dazu entschlossen, die Veranstaltung vor Ort zunächst genauer anzusehen, und zwar so, dass wir zunächst nicht allzu offensichtlich mit den Protestierenden zu assoziieren wären, um uns die Möglichkeit offenzuhalten ein Die-In an zentraler Stelle durchzuführen. Dazu haben wir uns in Stetten sehr vorsichtig außer Sichtweite der Veranstaltung die „blutigen“ T-Shirts unter unsere Kleidung gezogen. Wenig später legten wir uns dann mit blutigen T-Shirts und mit Kreideumrissen als Kriegsopfer mitten auf eine zentrale Kreuzung an der viele Passanten vorbei liefen. Kurz nachdem sich alle hingelegt hatten, bemerkten wir unter den vielen Zuschauern und Bundeswehrsoldaten auch drei Polizisten, die die Aktion die ganze Zeit über beobachteten und per Funkgerät ihren Kollegen Bescheid gaben.
Als einer der Polizisten sich zu uns herunterbeugte um das Die-In aufzulösen, haben wir die Aktion abgebrochen. Die Polizei, die jetzt in Begleitung von Feldjägern war, nahm daraufhin unsere Personalien auf und erteilte uns ein Hausverbot für das Gelände. Die Feldjäger führten uns daraufhin ab und nach erneuter Personalienaufnahme durch die örtliche Polizei wurde uns nochmals eingeschärft, dass wir bei Verstoß gegen das Hausverbot verhaftet werden würden. Die Polizisten hatten offenbar klare Anweisungen Kritiker der Bundeswehr unmittelbar und dauerhaft vom Gelände zu entfernen. Trotz des rigorosen Vorgehens gegen AntimilitaristInnen konnte Bundeswehr, Polizei und Sicherheitskräfte nicht verheimlichen, dass auch zahlreiche Kinder an Handfeuerwaffen gelassen wurden. Weil entsprechende Bilder an die Öffentlichkeit gelangten, aber selbst eine Richtlinie des Bundesverteidigungsministeriums untersagt Minderjährige an Maschinenpistolen und Gewehre zu lassen sah sich Ursula von der Leyen gezwungen zügig zu verordnen, dass Handfeuerwaffen bei künftigen Werbeveranstaltungen der Bundeswehr nicht mehr frei zugänglich sein dürfen. Das ist ein Teilerfolg der Proteste. Aber solange das ‚Werben fürs Sterben‘ wie am Tag der Bundeswehr weitergeht werden Flinten-Uschi und ihre Truppe mit unserem Widerstand rechnen müssen.