{"id":2037,"date":"2015-01-09T18:13:18","date_gmt":"2015-01-09T18:13:18","guid":{"rendered":"http:\/\/www.sdaj-netz.de\/ov-tuebingen\/?p=776"},"modified":"2015-01-09T18:13:18","modified_gmt":"2015-01-09T18:13:18","slug":"pegida-keinen-raum-lassen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bawue.sdaj.org\/2015\/01\/09\/pegida-keinen-raum-lassen\/","title":{"rendered":"Pegida keinen Raum lassen!"},"content":{"rendered":"
\t\t\t\tWir sind gestern (5. Januar 2015) mit rund 8000 Menschen gegen die rassistische Pegida-Bewegung („Patriotische Europ\u00e4er gegen die Islamisierung des Abendlandes“) auf die Stra\u00dfe gegangen. Die Kundgebung auf dem Schlossplatz wurde vom Verein „Die AnStifter“ pr\u00e4ventiv auf den Verdacht hin organisiert, dass ein Pegida-Ableger in Stuttgart an diesem Tag das erste Mal ihren gequirlten Schwachsinn von sich geben k\u00f6nnte. Dazu kam es wohl nicht: Auf der Kundgebung selber scheinen keine erkennbaren Anh\u00e4nger der islamfeindlichen Bewegung anwesend gewesen zu sein und von einer Kundgebung oder Demonstration anderswo in Stuttgart war auch nichts zu h\u00f6ren.<\/p>\n
Zun\u00e4chst einmal ist es erfreulich, dass derartige menschenverachtende Ideologien sich in den Stra\u00dfen Stuttgarts kein Geh\u00f6r verschaffen konnten. Der gestrige Protest offenbarte allerdings auch einige Schw\u00e4chen \u2013 was bei dem Spektrum der RednerInnen eigentlich auch nicht \u00fcberrascht. Der Stuttgarter Oberb\u00fcrgermeister Fritz Kuhn, der Pfarrer Eberhard Schwarz von der Stuttgarter Hospitalkirche und die Landesvorsitzende der GEW appellierten vor allem an das Mitgef\u00fchl f\u00fcr Asylsuchende, forderten ein „Zeichen f\u00fcr eine Kultur des Helfens gegen Fremdenfeindlichkeit“ und wollten den „Glauben“ der Fl\u00fcchtenden an das „demokratische Deutschland“ sowie die „Menschenrechte“ festigen. Nebenbei wurden die dezentralen Stuttgarter Asyleinrichtungen hochgelobt (\u00fcber deren Zustand wir selbst zu wenig wissen um ihn beurteilen zu k\u00f6nnen) und fast war vergessen, was eigentlich das Problem war \u2013 achja: Diese Pegida. Die wurde zumeist auf folgende Art und Weise gedeutet: Nicht alle von ihnen seien Nazis, manche seien auch „frustriert“, h\u00e4tten „Abstiegs\u00e4ngste“ (Kuhn) oder hegten „Zukunfts\u00e4ngste“ die zum Teil auch „berechtigt“ seien (Schwarz). Da ist nat\u00fcrlich was dran \u2013 und doch bleibt es in dieser Kurzfassung falsch, denn eine eigentliche Erkl\u00e4rung liefert es nicht. Ebensowenig l\u00e4sst sich die Dummheit der Anh\u00e4nger f\u00fcr das Ph\u00e4nomen Pegida herbeiziehen \u2013 wobei wir ja durchaus den Eindruck haben, dass sie hier und da auch nachhilft. Letzten Endes h\u00e4tten die RednerInnen stattdessen die gesellschaftlichen Gr\u00fcnde f\u00fcr Pegida benennen m\u00fcssen, und daran scheitern sie notwendigerweise. Eine Begr\u00fcndung k\u00f6nnte ansetzen bei den Hartz IV Reformen, die einen Teil der von der Arbeiterbewegung erk\u00e4mpften sozialen Errungenschaften r\u00fcckg\u00e4ngig gemacht haben und die soziale Absicherung von Millionen von Menschen pulverisierten. Eine Begr\u00fcndung k\u00f6nnte auch bei der rassistischen Hetze von Angela Merkel & Co gegen die Bev\u00f6lkerungen Griechenlands, Italiens oder Portugals anfangen und fortschreiten zu den Mechanismen, mittels derer Deutschland seine imperialistischen Interessen in der EU und weltweit durchdr\u00fcckt. Oder aber eine Begr\u00fcndung k\u00f6nnte damit beginnen, dass im Mittelmeer jedes Jahr mehrere Tausend Menschen ertrinken w\u00e4hrend die EU einen Friedensnobelpreis entgegennimmt: Wir h\u00f6ren immer wieder, wie toll Europa ist und dass Europa eine starke Stellung in der Welt einnehmen muss \u2013 m\u00fcssen wir uns dann wundern, wenn selbsternannte „patriotische Europ\u00e4er“ auf die Stra\u00dfe gehen? Die Freiheit, die Menschenw\u00fcrde und der Schutz des Individuums, an welche gestern auf dem Schlossplatz unerm\u00fcdlich appelliert wurde, dies alles existiert im eigentlichen Sinne nur f\u00fcr einen kleinen Teil aller Menschen in Europa. Letzten Endes sind es die Profitinteressen des Kapitals welche daf\u00fcr sorgen, dass Rassismus und Nationalismus gedeihen k\u00f6nnen. Der Kapitalismus leistet diesen Ideologien Vorschub, denn sie spalten die Arbeiterklasse und rechtfertigen die Ausbeutung anderer V\u00f6lker. Eine gr\u00f6\u00dftenteils b\u00fcrgerliche Kundgebung wie die gestrige wird wohl eher nicht zu einer solchen Ansicht gelangen. Einen kleinen Lichtblick stellte gegen Ende der Kundgebung zumindest noch Andreas Lindner vom Fl\u00fcchtlingsrat dar.<\/p>\n
Wir werden in jedem Fall auch in Zukunft gegen Pegida, Nazidemos und alle anderen rechten Umtriebe auf die Stra\u00dfe gehen. Wir tun dies nicht nur, um die rassistische Grundstimmung zu drosseln und das Leben f\u00fcr alldiejenigen zumindest ein wenig ertr\u00e4glicher zu machen, die dem Alltagsrassismus und oft genug auch k\u00f6rperlicher Gewalt ausgesetzt sind. Wir tun dies in unserem eigenen Interesse: Eine kapitalistische Gesellschaft wird nie eine freie Gesellschaft sein, aber immer auf Ausbeutung und Unterdr\u00fcckung beruhen. Nur gemeinsam werden wir den Kapitalismus \u00fcberwinden!\t\t<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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