{"id":271,"date":"2014-01-02T13:38:34","date_gmt":"2014-01-02T12:38:34","guid":{"rendered":"http:\/\/www.sdaj-netz.de\/bloglv-bawue\/?p=271"},"modified":"2014-01-02T13:38:34","modified_gmt":"2014-01-02T12:38:34","slug":"position-der-hauptfeind-steht-im-eigenen-land","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bawue.sdaj.org\/2014\/01\/02\/position-der-hauptfeind-steht-im-eigenen-land\/","title":{"rendered":"POSITION: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“"},"content":{"rendered":"

\"4241511625_09204cb58b\"<\/a>Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel aus der POSITION<\/a>, dem Jugendmagazin der SDAJ.<\/p>\n

Vor 100 Jahren brach der 1. Weltkrieg aus \u2013 was das mit dem Kapitalismus zu tun hatte, lernen wir in der Schule nicht.<\/p>\n

Europa sei in den Krieg hineingeschlittert. Nach dem Attentat auf den \u00f6sterreichischen Thronfolger sei es zu einer Verkettung ungl\u00fccklicher Umst\u00e4nde gekommen. So richtig habe den ersten Weltkrieg niemand gewollt, au\u00dfer vielleicht ein paar irren Milit\u00e4rs im deutschen Generalstab. Ungef\u00e4hr so, das erkl\u00e4ren uns viele Schulb\u00fccher und Fernsehdokus, sei es zum ersten Weltkrieg gekommen.
\n\u201eDas Vaterland nicht im Stich lassen\u201c
\nDie SPD-Fraktion im Reichstag erkl\u00e4rte am 4. August 1914:\u201eJetzt stehen wir vor der ehernen Tatsache des Krieges. Uns drohen die Schrecken feindlicher Invasionen. Nicht f\u00fcr oder gegen den Krieg haben wir heute zu entscheiden, sondern \u00fcber die Frage der f\u00fcr die Verteidigung des Landes erforderlichen Mittel. F\u00fcr unser Volk und seine freiheitliche Zukunft steht bei einem Sieg des russischen Despotismus viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Es gilt, diese Gefahr abzuwehren, die Kultur und die Unabh\u00e4ngigkeit unseres eigenen Landes sicherzustellen. Da machen wir wahr, was wir immer betont haben: Wir lassen in der Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich. Wir f\u00fchlen uns dabei im Einklang mit der Internationale, die das Recht jedes Volkes auf nationale Selbst\u00e4ndigkeit und Selbstverteidigung jederzeit anerkannt hat, wie wir auch in \u00dcbereinstimmung mit ihr jeden Eroberungskrieg verurteilen. Von diesen Grunds\u00e4tzen geleitet, bewilligen wir die geforderten Kriegskredite.\u201c\u201eNeue, aufnahmef\u00e4hige Absatzgebiete\u201c
\nDer Schwerindustrielle August Thyssen beschrieb die Kriegsziele des deutschen Kapitals:<\/p>\n

\u201eF\u00fcr das neue gr\u00f6\u00dfere Deutschland wird sich die Notwendigkeit ergeben, f\u00fcr neue aufnahmef\u00e4hige Absatzgebiete Sorge zu tragen. Diese gewaltige Aufgabe kann aber nur durch die Bildung eines gro\u00dfen mitteleurop\u00e4ischen Zollvereins gel\u00f6st werden. Dieses Ziel wird sich nicht ohne Anwendung von Zwang erreichen lassen. Deutschland hat leider keine aufnahme- und entwicklungsf\u00e4higen Kolonien. Die Schaffung neuer aufnahmef\u00e4higer Absatzgebiete ergibt sich daher f\u00fcr Deutschland nach der Aufnahme der neuen industriereichen Gebiete (Anm.: durch Eroberungen) mit gebieterischer Notwendigkeit. Ein mitteleurop\u00e4ischer Wirtschaftsbund, gest\u00fctzt auf eine starke Flotte, w\u00fcrde nicht nur imstande sein, seine wirtschaftlichen Interessen auf dem Weltmarkte zu wahren, sondern auch eine sichere Gew\u00e4hrleistung f\u00fcr die dauernde Erhaltung des Friedens bieten k\u00f6nnen.\u201c<\/p>\n

\u201eDie Dividenden steigen, die Proletarier fallen\u201c
\nRosa Luxemburg beschrieb 1916 in ihrer \u201eJunius-Brosch\u00fcre\u201c den Ausweg aus dem \u201eWahnwitz\u201c:<\/p>\n

\u201e(Der Weltkrieg ist ein) t\u00f6dlicher Streich gegen diejenige Kraft, die die Zukunft der Menschheit in ihrem Scho\u00df tr\u00e4gt. Hier enth\u00fcllt der Kapitalismus seinen Totensch\u00e4del, hier verr\u00e4t er, dass sein historisches Daseinsrecht verwirkt ist (\u2026). Die Dividenden steigen, und die Proletarier fallen. Und mit jedem sinkt ein K\u00e4mpfer der Zukunft, ein Soldat der Revolution, ein Retter der Menschheit vom Joch des Kapitalismus ins Grab. Der Wahnwitz wird erst aufh\u00f6ren und der blutige Spuk der H\u00f6lle wird verschwinden, wenn die Arbeiter in Deutschland und Frankreich, in England und Ru\u00dfland endlich aus ihrem Rausch erwachen, einander br\u00fcderlich die Hand reichen und den bestialischen Chorus der imperialistischen Kriegshetzer wie den heiseren Schrei der kapitalistischen Hy\u00e4nen durch den alten m\u00e4chtigen Schlachtruf der Arbeit \u00fcberdonnern: Proletarier aller L\u00e4nder, vereinigt euch!\u201c
\nKrieg in der Luft<\/p>\n

Das besagte Attentat auf Franz Ferdinand ereignete sich am 28. Juni 1914 im bosnischen Sarajevo. \u00d6sterreich beschuldigte Serbien, dahinter zu stecken \u2013 die Regierung nutzte das Attentat, um seine Rechnungen mit dem serbischen Nationalismus zu begleichen und seine Machtposition in der Region zu sichern. Die \u00f6sterreichische Politik dr\u00e4ngte Serbien gezielt in die Ecke und erkl\u00e4rte schlie\u00dflich den Krieg. Es ist daher falsch zu glauben, das Attentat h\u00e4tte eine Kette von Ereignissen zur Folge gehabt, die zwangsl\u00e4ufig zum Krieg f\u00fchrte. Der Krieg lag gewisserma\u00dfen schon in der Luft, als das Attentat den Anlass zum Losschlagen bot. Die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges ist gepr\u00e4gt von diplomatischen Spannungen und milit\u00e4rischen Konflikten zwischen den imperialistischen M\u00e4chten Europas. Auf dem Balkan und in Nordafrika, zwischen Deutschland und Frankreich und im Fernen Osten \u2013 \u00fcberall stie\u00dfen die gegens\u00e4tzlichen Interessen der imperialistischen M\u00e4chte aufeinander.
\nZu sp\u00e4t gekommen<\/p>\n

Das Deutsche Reich hatte erst relativ sp\u00e4t damit begonnen, Kolonien zu \u201eerwerben\u201c. Der gr\u00f6\u00dfte Teil Afrikas, Asiens und S\u00fcdamerikas war Ende des 19. Jahrhunderts bereits unter den gro\u00dfen Kolonialm\u00e4chten aufgeteilt. Deutschland war der zu sp\u00e4t gekommene Imperialismus. Umso aggressiver wollten diejenigen Kreise in Deutschland vorgehen, die an der Errichtung eines gro\u00dfen deutschen Kolonialreiches interessiert waren. Diese wirtschaftlichen Interessen wurden von einer gewaltigen Welle des Nationalismus flankiert, reihenweise wurden reaktion\u00e4re Verb\u00e4nde gegr\u00fcndet. Meist von den Gro\u00dfunternehmen finanziert, forderten sie Aufr\u00fcstung und Eroberungen. \u201eWir verlangen unseren Platz an der Sonne\u201c \u2013 so brachte der damalige Staatssekret\u00e4r im Ausw\u00e4rtigen Amt und sp\u00e4tere Reichskanzler von B\u00fclow die Gro\u00dfmachtpolitik des deutschen Kapitals auf den Punkt.
\nEin imperialistischer Krieg<\/p>\n

Die deutsche Monopolbourgeoisie strebte ein gro\u00dfes zusammenh\u00e4ngendes Kolonialreich in Afrika an, wobei es vor allem um den Zugriff auf Bodensch\u00e4tze ging. Au\u00dferdem war die Einverleibung der Bergbauregionen Belgiens ein wichtiges Kriegsziel. Dar\u00fcber hinaus hegte man territoriale Ambitionen im \u00f6stlichen Europa (\u201eLebensraum\u201c) und setzte sich \u2013 wie z.B. der Unternehmer August Thyssen \u2013 f\u00fcr die Schaffung eines gro\u00dfen mitteleurop\u00e4ischen Zollvereins ein, um der deutschen Industrie den Absatz ihrer Produkte zu erleichtern. Die herrschenden Kreise in Deutschland betrachteten das britische Imperium als Hauptkonkurrenten des Deutschen Reiches. Vielen der verantwortlichen Politiker, Milit\u00e4rs und Industriellen war zwar bewusst, dass man England voraussichtlich milit\u00e4risch nicht schlagen konnte. Aber sie hofften, die Briten zumindest so sehr zu schw\u00e4chen, dass sie in Friedensverhandlungen zu Zugest\u00e4ndnissen bei der Neuverteilung einiger Kolonialgebiete gezwungen sein w\u00fcrden. Das war der Hintergrund, vor dem Lenin in seiner Imperialismus-Schrift klarmachte, dass \u201eder Krieg von 1914 bis 1918 auf beiden Seiten ein imperialistischer Krieg (d.h. ein Eroberungskrieg, ein Raub- und Pl\u00fcnderungskrieg) war, ein Krieg um die Aufteilung der Welt, um die Verteilung und Neuverteilung der Kolonien, der \u201aEinflusssph\u00e4ren\u2018 des Finanzkapitals usw.\u201c
\nIn der Minderheit<\/p>\n

Der Erste Weltkrieg verschlechterte die ohnehin schwierige Lage der Arbeiterklasse noch zus\u00e4tzlich. W\u00e4hrend in den Heimatl\u00e4ndern der Hunger wuchs, litten die Soldaten an der Front, die ja schlie\u00dflich auch in erster Linie dem Proletariat entstammten, am t\u00e4glichen Grauen des Krieges. Der Anblick verwundeter, verst\u00fcmmelter oder get\u00f6teter Kameraden, die Ungewissheit hinsichtlich der Angeh\u00f6rigen sowie der eigenen Zukunft, das Feuer in den Sch\u00fctzengr\u00e4ben \u2013 all dies nagte an den Nerven und lie\u00df die Frage aufkommen: Wozu das alles? Nicht wenige erkannten die Sinnlosigkeit ihres Tuns. So kam es etwa an Weihnachten 1914 an den Frontlinien zur massenhaften Verbr\u00fcderung von englischen, franz\u00f6sischen und deutschen Soldaten \u2013 einem besonders schweren Fall von milit\u00e4rischem Ungehorsam also.<\/p>\n

Nicht nur in Deutschland, sondern in nahezu allen europ\u00e4ischen Staaten stimmten die sozialdemokratischen Parteien dem Krieg zu. Allerdings wurden die Kriegsgegner in der SPD mit der Zeit zahlreicher. Sie sammelten sich in der \u201eGruppe Spartakus\u201c \u2013 unter ihnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht \u2013 und betrieben eine energische Antikriegsagitation. Allerdings gelang es ihnen nicht, die Mehrheit in der SPD zu erringen.
\n\u201eBurgkrieg statt Burgfrieden!\u201c<\/p>\n

Der deutschen Sozialdemokratie kommt bei diesem historischen Versagen der Arbeiterbewegung eine besondere Bedeutung zu, da sie die st\u00e4rkste Arbeiterpartei Europas war und ihr Schwenk auf Kriegskurs also die internationale Arbeiterbewegung besonders schw\u00e4chte. Die SPD hatte einen \u201eBurgfrieden\u201c mit der herrschenden Klasse geschlossen. F\u00fchrende Sozialdemokraten vertraten die Ansicht, dass man den Krieg zwar nicht gewollt habe, nun aber, da der Krieg einmal da war, die \u201eVerteidigung\u201c Deutschlands unterst\u00fctzen m\u00fcsse. Eine Niederlage, so meinte man, w\u00fcrde auch dem deutschen Proletariat schaden. Zu Recht wurde diese Position daher von Lenin und anderen KommunistInnen als \u201esozialchauvinistisch\u201c verurteilt. Damit ist gemeint, dass unter dem Mantel des Sozialismus tats\u00e4chlich der nationalistische, imperialistische Standpunkt eingenommen wird. Lenin vertrat hierbei die Ansicht, dass eine Niederlage bzw. eine Schw\u00e4chung der bourgeoisen Regierungen der Arbeiterklasse n\u00fctzlich sei. Ziel m\u00fcsse es sein, so Lenin, den Krieg in einen B\u00fcrgerkrieg zu verwandeln und die Regierung zu st\u00fcrzen. \u201eIn keinem Lande darf der Kampf gegen die eigene, am imperialistischen Krieg beteiligte Regierung vor der M\u00f6glichkeit haltmachen, dass dieses Land infolge der revolution\u00e4ren Agitation eine Niederlage erleidet. Eine Niederlage der Regierungsarmee schw\u00e4cht die betreffende Regierung, f\u00f6rdert die Befreiung der von ihr geknechteten V\u00f6lkerschaften und erleichtert den B\u00fcrgerkrieg gegen die herrschende Klasse.\u201c Den antimilitaristischen Kr\u00e4ften in der Internationale war also klar, dass der Kampf f\u00fcr den Frieden gleichbedeutend war mit dem Kampf gegen die jeweils eigene Bourgeoisie.
\nIm eigenen Land<\/p>\n

An diese Erkenntnisse ankn\u00fcpfend gab Karl Liebknecht seine ber\u00fchmte Losung aus: \u201eDer Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land! Diesen Feind im eigenen Land gilt\u2019s f\u00fcr das deutsche Volk zu bek\u00e4mpfen, zu bek\u00e4mpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat anderer L\u00e4nder.\u201c Der russischen Arbeiterklasse unter der F\u00fchrung der Bolschewiki gelang es im November 1917, die b\u00fcrgerliche Regierung zu st\u00fcrzen, die Macht zu erobern und mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft zu beginnen. In anderen L\u00e4ndern scheiterte die Revolution. Zwar bestand in Deutschland von Ende 1918 bis Januar 1919 eine revolution\u00e4re Situation \u2013 Arbeiter- und Soldatenr\u00e4te hatten sich gebildet und den bewaffneten Aufstand organisiert \u2013, doch wurden die revolution\u00e4ren Massen brutal unterdr\u00fcckt und ihre wichtigsten Protagonisten auf der politischen B\u00fchne, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ermordet. All dies geschah unter einer SPD-Regierung. Die F\u00fchrung der Sozialdemokraten hatte sich mit den alten Kr\u00e4ften des Kaiserreichs in Milit\u00e4r und Wirtschaft verb\u00fcndet, um die Revolution niederzuschlagen. Mitten in diesen K\u00e4mpfen, Ende Dezember 1918, gr\u00fcndeten die konsequenten Marxisten in Deutschland die KPD. Der Bruch mit den Opportunisten der Mehrheits-SPD, die Bildung der kommunistischen Partei \u2013 auch das war eine Schlussfolgerung aus den Ereignissen der Revolution.<\/p>\n

Philipp und Lukas, T\u00fcbingen<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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