{"id":2877,"date":"2019-09-30T15:42:33","date_gmt":"2019-09-30T13:42:33","guid":{"rendered":"http:\/\/www.sdaj.org\/lv-bawue\/?p=2877"},"modified":"2019-09-30T15:42:33","modified_gmt":"2019-09-30T13:42:33","slug":"unrechtsstaat-ddr-rechtsstaat-brd","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.bawue.sdaj.org\/2019\/09\/30\/unrechtsstaat-ddr-rechtsstaat-brd\/","title":{"rendered":"\u201eUnrechtsstaat\u201d DDR? Rechtsstaat BRD?"},"content":{"rendered":"
Ein Propagandabegriff und seine Hintergr\u00fcnde<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Im Oktober\u00a0<\/span>2008 erkundigte sich\u00a0<\/span>die Bundestagsabgeordnete der Linken Gesine L\u00f6tzsch bei der Bundesregierung, ob diese die Volksrepublik China f\u00fcr einen \u201eUnrechtsstaat\u201c halte. Sp\u00e4ter schrieb die Politikerin<\/span>\u00a0in einem Zeitungsartikel<\/span>, \u201enach der gruseligen Olympiaberichterstattung von ARD und ZDF\u201c<\/span>\u00a0sei sie<\/span>\u00a0sicher gewesen, die Antwort werde J<\/span>a lauten<\/span>. Tats\u00e4chlich aber hie\u00df es: \u00bbAus Sicht der Bundesregierung bem\u00fcht sich die chinesische Regierung im Rahmen ihrer Reform- und \u00d6ffnungspolitik um den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen.\u00ab\u00a0<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Was die\u00a0<\/span>Staatsmedien<\/span>\u00a0soll<\/span>t<\/span>en,\u00a0<\/span>konnte<\/span>\u00a0sich die Regierung nicht leisten.\u00a0<\/span>Der Begriff dient dem politischen Kampf\u00a0<\/span>g<\/span>egen Sozialismus und KommunistInnen<\/span>,\u00a0<\/span>kaum<\/span>\u00a0dem gegen Faschismus<\/span>.\u00a0<\/span>Die erste rechtswissenschaftliche Abhandlung<\/span>\u00a0in der BRD<\/span>, in der\u00a0<\/span>er f\u00fcr das Naziregime\u00a0<\/span>verwendet\u00a0<\/span>wurde<\/span>,<\/span>\u00a0datiert von<\/span>\u00a01979.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Enteignung von Kriegsverbrechern als \u201eWeg in die Diktatur\u201c<\/span><\/b>?<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\n \u00a0<\/span>Inflation\u00e4r war dagegen<\/span>\u00a0<\/span>die\u00a0<\/span>Anwendung von \u201eUnrechtsstaat\u201c auf die DDR nach<\/span>\u00a01990<\/span>.\u00a0<\/span>Die\u00a0<\/span>seit 2014\u00a0<\/span>von\u00a0<\/span>Bodo Ramelow (Die Linke)<\/span>\u00a0gef\u00fchrte Landesregierung in Th\u00fcringen basiert sogar auf einem Koalitionsvertrag, in dessen Pr\u00e4ambel\u00a0<\/span>die DDR so bezeichnet wird<\/span>.\u00a0<\/span>Auch dort geht es um d<\/span>ie\u00a0<\/span>Staatsdoktrin<\/span>:\u00a0<\/span>Rot\u00a0<\/span>ist\u00a0<\/span>gleich Braun<\/span>, also um Verharmlosung des Faschismus<\/span>.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Die<\/span>\u00a0Sichtweise hat ei<\/span>nen einfachen Grund: Bereits in der<\/span>\u00a0antifaschistisch-demokratische<\/span>n<\/span>\u00a0<\/span>Umw\u00e4lzung\u00a0<\/span>in der Sowjetischen Besatzungszone zwischen 1<\/span>945 und 1949 wurden<\/span>\u00a0\u2013 gest\u00fctzt\u00a0<\/span>z. B. auf den Volksentscheid<\/span>\u00a0in Sachsen am 30. Juni 1946<\/span>\u00a0\u2013\u00a0<\/span>Gro\u00dfgrundbesitzer<\/span>,<\/span>\u00a0Kriegsverbrecher und aktive Nazis<\/span>\u00a0enteignet<\/span>.\u00a0<\/span>Ein revolution\u00e4rer Akt, den die Bundeszentrale f\u00fcr politische Bildung\u00a0<\/span>auf ihrer Website unter die \u00dcberschrift \u201eAuf dem Weg in die Diktatu<\/span>r<\/span>\u201c<\/span>\u00a0stellt.\u00a0<\/span>Nicht als Unrecht gilt<\/span>, dass\u00a0<\/span>z. B.\u00a0<\/span>der bis heute g\u00fcltige Artikel 41 der Hessischen Landesverfassung, der\u00a0<\/span>vorsieht,\u00a0<\/span>Bergbau, Eisen- und Stahlunternehmen, Energiewirtschaft, Verk<\/span>ehrswesen, Gro\u00dfbanken und Versicherungen in Gemeineigentum zu \u00fcberf\u00fchren, durch Eingreifen der US-Besatzungsmacht\u00a0<\/span>und von CDU sowie SPD\u00a0<\/span>nie verwirklicht wurde.\u00a0<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n D<\/span>ie\u00a0<\/span>Enteignung von Privateigentum an Produktionsmitteln\u00a0<\/span>gilt im BRD-Establishment\u00a0<\/span>als\u00a0<\/span>Urverbrechen<\/span>, das<\/span>, wo es stattfindet,<\/span>\u00a0alle<\/span>\u00a0staatliche T\u00e4tigkeit\u00a0<\/span>zu Unrecht macht.\u00a0<\/span>D<\/span>ie j\u00fcngst im Zusammenhang mit\u00a0<\/span>der Diskussion um Enteignung von Wohnungskonz<\/span>ernen\u00a0<\/span>hervorgeholte<\/span>n<\/span>\u00a0<\/span>Bestimmung<\/span>en<\/span>\u00a0des\u00a0<\/span>Grundgesetz-Artikels 14\u00a0<\/span>(<\/span>Eine Enteignung ist nur zum Wo<\/span>hle der Allgemeinheit zul\u00e4ssig<\/span>.<\/span>)<\/span>\u00a0sind<\/span>\u00a0<\/span>frommer Wunsch, kein Auftrag<\/span>.\u00a0<\/span>Die DDR-Verfassung von 1949<\/span>\u00a0<\/span>legte demgegen\u00fcber fest, dass Missbrauch von wirtschaftlicher Macht zum Schaden des Gemeinwohls<\/span>, z. B. bei Kriegsverbrechern und aktiven Nazis,<\/span>\u00a0die\u00a0<\/span>entsch\u00e4digungslose Enteignung und \u00dcberf\u00fchrung in Volkseigentum zur F<\/span>olge hat.\u00a0<\/span>Private Monopole\u00a0<\/span>wurden verboten,\u00a0<\/span>Vergesellschaftung\u00a0<\/span>anderer Unternehmen\u00a0<\/span>sollte nur auf gesetzlicher Grundlage und gegen Entsch\u00e4digung stattfinden.<\/span>\u00a0<\/span>Dies<\/span>e Artikel entfielen in der zweiten<\/span>\u00a0DDR-Verfassung, di<\/span>e nach landesweiter Aussprache in Betrieben und Kommunen am 6. April 1968<\/span>\u00a0durch einen V<\/span>olksentscheid<\/span>\u00a0mit 94,5 Prozent der Stimmen angenommen wurde \u2013 dem einzigen Referendum \u00fcber ei<\/span>ne Verfassung in der deutschen Rechtsg<\/span>eschichte. Vielmehr st\u00fctzte\u00a0<\/span>sie sich<\/span>\u00a0auf die sozi<\/span>alistische Eigentumsordnung, die \u201e<\/span>Ergebnis des Kampfes gegen das monopolkap<\/span>italistische Wirtschaftssystem\u201c sei. Das\u00a0<\/span>wurde als\u00a0<\/span>\u201e<\/span>Quelle der Kriegspolitik und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen<\/span>\u201c\u00a0<\/span>bezeichnet.\u00a0<\/span>Artikel 11 garantierte das \u201epers\u00f6nliche Eigentum und das Erbrecht\u201c,\u00a0<\/span>Artikel 14 legte fest, dass private Wirtschaftsunternehmen gesellschaftliche Bed\u00fc<\/span>rfnisse zu befriedigen h\u00e4tt<\/span>en.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Das Demokratieverst\u00e4ndnis des Grundgesetzes<\/span><\/b>\u00a0<\/span><\/p>\n \u00a0<\/span>Demokratie\u00a0<\/span>auch in der Wirtschaft\u00a0<\/span>war im<\/span>\u00a0Grundgesetz\u00a0<\/span>nicht vorgesehen<\/span>. Sie\u00a0<\/span>musste beim Anschluss der DDR\u00a0<\/span>1990\u00a0<\/span>beseitigt\u00a0<\/span>und verteufelt\u00a0<\/span>werden. Das geschah in Form eines\u00a0<\/span>Rachefeldzuges<\/span>, dessen Hauptziel\u00a0<\/span>die Reprivatisierung ohne Mitbestimmung der Besch\u00e4ftigten auch von Betrieben war, die erst nach 1949 entstanden waren<\/span>.\u00a0<\/span>Strafprozesse lieferten flankierend die\u00a0<\/span>\u00f6ffentliche\u00a0<\/span>Rechtfertigung.\u00a0<\/span>Inbegriffen war<\/span>, dass e<\/span>inige\u00a0<\/span>Grundrechte<\/span>\u00a0<\/span>f\u00fcr DDR-B\u00fcrger\u00a0<\/span>bis heute\u00a0<\/span>nicht<\/span>\u00a0gelten<\/span>, wie<\/span>\u00a0<\/span>z. B.\u00a0<\/span>das der freien Berufswahl f\u00fcr abgewi<\/span>ckelte\u00a0<\/span>Wissenschaftler, pers\u00f6nliche Eigentumsrechte wie bei Rentenanspr\u00fcchen<\/span>\u00a0oder das Verbot r\u00fcckwirkender Strafbestimmungen<\/span>.\u00a0<\/span>Zieht ein Betrieb 2019 von Berlin-Tempelhof nach Berlin-Mitte, also in den \u201eOsten\u201c, gibt es weniger<\/span>\u00a0Lohn, geringere Sozialabgaben, aber l\u00e4ngere Arbeitszeiten.\u00a0<\/span>Der Gleichheitsgrundsatz ist au\u00dfer Kraft.<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Selbst die<\/span>\u00a0Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages\u00a0<\/span>haben\u00a0<\/span>zweimal best\u00e4tigt<\/span>, dass es beim Begriff\u00a0<\/span>\u201eUnrechtsstaat\u201c<\/span>\u00a0um\u00a0<\/span>Propaganda geht<\/span>. 2008\u00a0<\/span>beantworteten sie eine Anfrage von Gesine L\u00f6tzsch dazu so:\u00a0<\/span>\u00bbEine wissenschaftlich haltbare Definition des Begriffs Unrechtsstaat gibt es weder in der Rechtswissenschaft noch in den Sozial- und Geisteswissenschaften.\u00ab Es gehe bei der Verwendung des Begriffs \u00bbzumeist darum, die politische Ordnung eines Staates (\u2026) zu diskreditieren\u00ab.\u00a0<\/span>In einer Ausarbeitung von 2018\u00a0<\/span>wurde das im Wesentlichen wiederholt<\/span>.<\/span>\u00a0<\/span>\u00a0<\/span><\/p>\n Staatliches Unrec<\/span>ht in der BRD<\/span>,<\/span>\u00a0<\/span>wie<\/span>\u00a0das Verbot der KPD 1956<\/span>,<\/span>\u00a0<\/span>spielt aber auch\u00a0<\/span>in<\/span>\u00a0solchen Stellungnahmen<\/span>\u00a0keine Rolle.\u00a0<\/span>Vor allem aber<\/span>\u00a0wird ignoriert<\/span>: Auf dem Gebiet der wirtschaftliche<\/span>n<\/span>, sozialen und kulturellen Menschenrechte, wie sie von den Vereinten Nationen 1948 und 1966 verk\u00fcndet wurden, ist die BRD nach den eigenen Ma\u00dfst\u00e4ben kein Rechtsstaat. In der<\/span>\u00a0A<\/span>uflistung der 19 B\u00fcrgerrechte<\/span>